7. Vereine
7.1 Die Hummelfasnacht und die Narrenzunft
Fasnacht wird in Weilen seit undenklichen Zeiten gefeiert. Der Flurname Scheibenbühl bezeugt, daß hier schon vor Jahrhunderten feurige Scheiben ins Tal geschlagen wurden. Viel Aufsehen erregte die Fasnacht von 1892. Schultheiß Lorenz Koch hatte auf Ersuchen des damaligen Ortspfarrers, des Verwesers Dettinger, die Fasnachtsumzüge und das Fasnachts-Treiben verboten, weil der große Hagelschlag vom 3. September 1891 an den Feldfrüchten und auch an den Gebäuden große Schäden angerichtet hatte. Die jungen Leute waren über das Verbot erbittert, und viele hielten sich nicht daran. Sie zogen maskiert durch das Dorf. Als Schultheiß Koch sich auf den Weg von seiner Wohnung im Außendorf Nr. 38 zum Rathaus befand, wurde er in der Nähe des Gasthauses zum Mohren von einer Anzahl maskierter Männer angehalten und belästigt. Sein Schwiegersohn, der Schmied Johannes Koch, der in der Nähe wohnte, kam im zu Hilfe und riss einigen Burschen die Masken herunter, so daß sie erkannt wurden. In der folgenden Nacht gab es große Ausschreitungen, als Racheakt. Dem Schultheißen und seinem Schwiegersohn wurden die Fenster eingeworfen; die Familien mussten sich vor den Steinen, die in die Wohnzimmer geworfen wurden, in Sicherheit bringen. Dem Schultheißen wurde auch der Bienenstand demoliert und ein Teil der Bienenstöcke zusammengeschlagen. Der Ortspolizist, dem 2 Hilfspolizisten zugeteilt waren, konnte gegen die Rebellen nichts ausrichten. Die Folgen dieser Nachtruhestörungen und Hausfriedensbrüche waren für die ganze Gemeinde ein schwerer Schlag; es erwuchsen langjährige Feindschaften. Ein Teil der Urheber und ärgsten Randalierer entzog sich durch die Flucht in die Schweiz der Strafe. Das Landgericht in Rottweil hatte gegen mehrere Männer Strafen von einigen Monaten wegen Landfriedensbruch verhängt.
In den folgenden Jahren wurde die Fasnacht ruhiger gefeiert. Anfang des 20. Jahrhunderts, als die erste Musik auftrat, fanden wieder größere Fasnachtsumzüge und Theatervorführungen statt. Der Schreiber dieser Zeilen kann sich noch an das Spiel der Beatushöhle vor dem Gasthaus zum Mohren im Freien erinnern sowie an das Stück „Die Räuber von Maria Culm“ und andere. Im Jahre 1902 fand auch ein Hammellauf vor dem Gasthaus zum Waldhorn statt. Mit der Auflösung der Musikkapelle ging das organisierte Fasnachtstreiben zurück; es zogen nur vereinzelte Trupps Maskierter durch den Ort.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1947, wurde die Fasnacht wieder neu aufgezogen und gefeiert. Es wurden ein Narrenvater und Elferrat gewählt. Der erste Narrenvater war Albert Seifriz, und zwar 5 Jahre lang. Dann wurde Lorenz Koch, geboren 1888, Narrenvater. An seinem Haus hing der Narrenbriefkasten. Nach Lorenz Koch schwang Karl Weinmann etwa 3 Jahre lang das Narrenzepter. Narrenväter waren auch Eugen Seifriz und Alfred Seifriz, letzterer über 10 Jahre lang; 1963 wurde er zum Ehrennarrenvater ernannt. Seither ist Erwin Peter Narrenvater; er sorgt mit seinem Elferrat während der Fasnachtszeit für Ruhe und Ordnung. So hat die Weilener Fasnacht seit 1947 wieder eine Organisation. In den letzten Jahren fanden beachtenswerte Umzüge mit 10 und mehr originellen Wagen statt. Zu diesen Umzügen kamen immer sehr viel auswärtige Besucher aus der Nähe und Ferne, darunter vom Landratsamt Balingen und von der Presse.
Seit einigen Jahren existieren auch mehrere Hummelkostüme, die den Übernamen der Weilener („Hummel“) symbolisieren. Der Musikexperte Gustav Lotterer in Tuttlingen komponierte einen Narrenmarsch für Weilen (siehe Seite 10/11). Die Zahl der Wagen und die Größe der Umzüge sind in den letzten Jahren etwas zurückgegangen. In der Hummelschar treiben zur Zeit 20 kostümierte Hummeln und Hummelein ihre Narreteien.
7.2 Der ehemalige Veteranen und Militärverein
Der älteste bekannte Verein in Weilen ist der Veteranenverein. Am 6. März 1887 wurde von wenigen aktiven und gedienten Soldaten eine Versammlung in das Gasthaus zum Mohren zwecks Gründung eines Vereins ehemaliger und beurlaubter Soldaten einberufen. Nach dem Protokoll und Kassenbuch sin 16 Mann erschienen. Im Verlaufe der Versammlung wurde beschlossen, einen Verein zu gründen, der den Namen „Militärverein Weilen“ erhielt. Die Statuten, die im Verlauf der Versammlung bekannt gemacht und beschlossen wurden, hatten 22 Paragraphen und waren ziemlich klar aufgestellt. Sie waren der Mustersatzung des Württembergischen Kriegerbundes entnommen und wurden mit geringen Änderungen von den Anwesenden beschlossen.
Die Mitgliederzahl hat sich im Verlaufe der Jahre immer mehr erhöht und betrug im Jahre 1891 bereits 27. Im Dezember 1890 haben sich die Mitglieder, die gut singen konnten, zu einem Männergesangsverein mit 4stimmigen Gesang zusammengeschlossen. Dieser Chor wurde von dem damaligen Schulleiter Gustav Sayle geleitet; er hatte die Einübung des Männerchores unentgeltlich übernommen; in Anerkennung seiner Tätigkeit wurde er 1891 von der Generalversammlung zum Ehrenmitglied ernannt. In den Militärverein, besonders in den Chor, wurden auch nicht gediente Männer als passive Mitglieder aufgenommen.
1892 wurde vom Verein beschlossen, eine Vereinsfahne zu kaufen und im Herbst die Fahnenweihe zu halten. Besonders wegen der Vorkommnisse an Fasnacht 1892 wurde sie aber verschoben. Schultheiß Lorenz Koch und der Gemeinderat hatten nämlich auf Anraten von Pfarrverweser Dettinger beschlossen, die Fasnachtsfeiern und besonders das wilde Treiben mit Narrenkleidern zu verbieten. Das Verbot wurde wegen des Hagelschlages erlassen, der am 3. September 1891 fast die gesamte Ernte vernichtet hatte. Bei diesem Unwetter wurden sogar die Dächer vom Hagel zerschlagen. Aber gerade dieses Verbot hatte einige junge Burschen, die von der Obrigkeit schon wegen Nachtruhestörungen und anderen Delikten bestraft worden waren, veranlasst, bereits am Vormittag des Fasnachtmontages Ausschreitungen und Belästigungen zu begehen. Schultheiß Koch wurde auf der Straße angehalten und bedroht. Der Schmied Johannes Koch hatte auf Anordnung seines Schwiegervaters 2 der Narren aufgedeckt. In der Nacht wurden dem Schultheißen Koch die Fenster eingeworfen sowie der Bienenstand zerstört. Ebenso wurden beim Schmied Hannes und auch im Pfarrhaus die Fenster eingeworfen. Noch andere schwere Ausschreitungen wurden im Ort verübt. In der folgenden Gerichtsverhandlung wurde die Aktion als schwerer Landfriedensbuch bezeichnet, und es wurden zum Teil schwere Strafen verhängt. Die Rädelsführer flüchteten in die Schweiz, und 13 weitere Beteiligte erhielten Strafen von einem Monat bis zu einem Jahr Gefängnis. Der Friede im Dorf war erheblich gestört, und es entstanden mehrjährige Feindschaften.
Wegen der Vorkommnisse wurde die Fahnenweihe des Militärvereins um ein Jahr verschoben. Der Verein hatte eine Fahne bei der Fahnenfabrik Carl Neff in Biberach für den Betrag von 200 Mark bestellt. Die Fahne war aus gutem Stoff, und auch die Ausführung war gut, so daß sie nach 30 oder 40 Jahren noch wie neu aussah. Bei den Festen in der näheren und weiteren Umgebung war die Vereinsfahne des Militärvereins Weilen die schönste und besterhaltene Fahne. Auch heute ist diese Fahne noch erhalten; sie wurde vom letzten Vorstand, Bürgermeister Koch, auf der Kirchenbühne von 1944 bis 1950 bei den Kirchenfahnen aufgehoben. Die Besatzungsmächte haben sie öfters vergebens gesucht. Zur Fahnenweihe am Sonntag, den 30. Juli 1893, waren die Militärvereine von Deilingen, Schörzingen, Ratshausen und Schömberg erschienen, nebst einem Großteil der Musik von Schömberg. 1904 fand der Gautag der Militär- und Veteranenvereine in Weilen unter Teilnahme von 12 Vereinen statt. 1937 beging man das 50jährige Jubiläum des Vereines, zu dem sämtliche Kameradschaften des Kreises Balingen Abordnungen sandten. Die Kriegskameradschaften von Deilingen, Schörzingen und Ratshausen waren mit ihren Fahnen vollzählig erschienen. Es waren zwischen 150 und 200 Kameraden anwesend und außerdem die Musikkapelle von Schörzingen. Die 3 Gastwirtschaften konnten die vielen Festbesucher nicht aufnehmen.
Der Militärverein, später in Kriegerkameradschaft umbenannt, hatte den Zweck, die Kameradschaft der alten Soldaten zu pflegen, kranken Kameraden Hilfe und Unterstützung zu gewähren und die Gefallenen zu ehren. Jedes Jahr wurde von der Kriegerkameradschaft ein oder zwei Leichengottesdienste bestellt und bezahlt, und jeder Kamerad war am gemeinsamen Gottesdienst zur Teilnahme verpflichtet. Wenn ein Kamerad krank wurde oder sonst großen Schaden im Stall oder in der Haushaltung erlitt, wurde er vom Verein finanziell unterstützt. Vom Württembergischen Kriegerbund, der von ehemaligen Offizieren Zuschüsse erhielt, kamen jährlich oft über 100 Mark für Notfälle.
Als gegen Ausgang des zweiten Weltkrieges die SA und die Kreisleitung die Kriegskameradschaften in ihren Bereich einordneten, haben wir den Verein aufgelöst und den übrigen Kassenbestand dem Pfarramt übergeben, damit dafür heilige Messen für die Gefallenen gelesen werden.
7.3 Geschichte des einstigen Männergesangvereins
Bereits im Kapitel über den Militärverein berichtete ich, daß im Jahre 1890 der damalige Schullehrer Gustav Sayle einen Männerchor aufstellte. Dieser Männerchor wurde dem Militärverein angeschlossen. 1890 kauften 12 Männer Gesangbücher („Heim“ für Männerchor). Die Gesangproben wurden im Schulhaus abgehalten. Als Lehrer Sayle hierin Weilen 1893 verstarb, trat ein vorläufiger Stillstand ein. Nachfolger von Sayle war kurze Zeit Gustav Glatthar, Unterlehrer; er war kein musikbegabter Mann und hatte Mühe, den Kirchenchor zu leiten.
Nachdem 1893 Schulleiter Andreas Hutt, ein guter Musiker, hier einzog, war während seiner Tätigkeit bis 1904 nicht nur der Kirchenchor auf der Höhe, sondern es existierte auch ein Gesangverein von über 20 Mann; im Winter, wenn die Bauarbeiter aus der Fremde kamen, oft bis zu 30 Mann. Nach dem Wegzug von Hautlehrer Hutt fehlte dem Gesangverein wieder ein Dirigent, da der Nachfolger kein Talent für Musik und Gesang hatte. Auch Hauptlehrer Balthasar Bieg, welcher von 1904 bis 1908 hier war, kümmerte sich nicht um den Gesangverein,obwohl er ein guter Musiker war.
Nachdem sich die Lehrer nicht mehr um den Gesangverein kümmerten, nahm der Schreiner Hermann Blepp, Sohn des Schultheißen Georg Blepp, die Sache in die Hand; es wurden hauptsächlich in den Wintermonaten von 1907 bis zum Ersten Weltkrieg fleißig geübt. Hermann Blepp begleitete mit der Geige, die er sehr gut beherrschte. Die Proben fanden zuerst im Gasthaus zum Kreuz und später auch im Gebäude Nr. 13 in der Angelgasse (Haus des altledigen Konrad Seifriz – Konrädle) statt. Der Erste Weltkrieg hat den Gesangverein auseinandergerissen.
Nach dem Ersten Weltkrieg, als die Männer heimgekehrt waren, wurden die Proben wieder aufgenommen, und zwar von Hermann Blepp im Hause seiner Eltern im unteren Stock. Dieses Haus in der Oberen Dorfgasse war das Geburtshaus des Kunstmalers August Blepp, der es dann nach der Verheiratung seines Bruders Hermann Blepp nach Nußdorf bei Überlingen übernahm. Nach der Verheiratung des Dirigenten Hermann Blepp übernahm Josef Koch, der Verfasser dieser Chronik, den Gesangverein als Dirigent. Die Proben wurden von 1921 bis 1923 im Gasthaus zum Mohren abgehalten, und zwar immer am Samstagabend. Bartholo-mäus Weinmann wurde zum Vorstand gewählt, Viktor Blepp zum Schriftführer, und außerdem wurde ein Vereinsausschuß gebildet. Der Gesangverein erhielt den Namen „Liederkranz Weilen“. In den beiden Jahren 1921 und 1922 wurden die Farrenwiesen vom Gesangverein eingebracht; mit dem Erlös konnten Gesangbücher gekauft werden. Die Einübung der Gesänge erfolgte ebenfalls mit der Geige. Der Verein trat mehrmals in der Öffentlichkeit auf, auch bei auswärtigen Veranstaltungen wie in Dotternhausen und Roßwangen. Die Zahl der aktiven Sänger betrug 32 und die Zahl der passiven Förderer des Liederkranzes 16 bis 18. Vom Herbst 1924 bis 1927 wurden die Proben im Hause des Dirigenten Josef Koch abgehalten und nach dessen Verheiratung in der Zimmererwerkstadt seines Bruders Beda Koch. Der Dirigent Koch hat nie eine Entschädigung oder Vergütung für seine langjährige Tätigkeit verlangt oder erhalten. Infolge Streitigkeiten innerhalb des Vereins traten einige Mitglieder aus und gründeten einen Mundharmonikaclub, der aber nur kurze Zeit bestand. Das schlimmste aber war, daß sie weitere Mitglieder zum Austritt aus dem Liederkranz verleiteten, wodurch der Gesangverein später auseinander fiel und bis heute nicht mehr existiert. Seit in den Jahren 1949 und 1950 eine Musikkapelle gegründet wurde, die heute (1968) einen beachtlichen Höhepunkt erreicht hat, ist es unmöglich, neben diesem Verein noch einen Gesangverein zu haben, da der Ort mit 400 Einwohnern viel zu klein ist, um 2 Vereine mit aktiven Sängern und Musikern lebensfähig zu halten.
7.4 Der einzige Verein heute: unser Musikverein
Der früheste Nachweis über eine Dorfmusik in Weilen geht in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Im Winter 1897/98 haben sich folgende Männer und Jungmänner zu einer Musikgesellschaft zusammengeschlossen: Jordan Weinmann, Wilhelm Weinmann, Jakob Burry, Markus Burry, Stefan Weinmann, Theodor Weinmann, Gustav Krachenfels und Christian Weinmann. Diese Musikgesellschaft spielte bei Hochzeiten und anderen Festlichkeiten, besonders auch an der Fasnacht und bei sonstigen öffentlichen Anlässen des Militärvereins; die Musiker waren deshalb von der Beitragspflicht des Militärvereins befreit, doch mußten die gedienten ehemaligen Soldaten der Musikgesellschaft die Jahresbeiträge für den Württembergischen Kriegerbund entrichten, der ja an kranke und bedürftige ehemalige Soldaten erhebliche Unterstützungen zahlte.
Infolge Verheiratung von Jakob Burry nach Peterzell bei Sankt Georgen, von Theodor Weinmann nach Rottweil, von Stefan Weinmann nach Zimmern bei Rottweil und Markus Burry nach Frittlingen schmolz die Zahl der Musikanten zusammen. Auch der Tambour Christian Weinmann hatte sich schon vorher nach Geisingen bei Donaueschingen verheiratet. Nachdem 1905 noch der Trompeter Jordan Wein-mann gestorben war, blieben von den 8 Musikern nur 2 Mann übrig, nämlich Wilhelm Weinmann und Gustav Krachenfels. Letzteren hörte man in späteren Jahren noch öfters auf seinem Bass in seiner Wohnung spielen.
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg kamen immer mehr Musikanten von Schömberg, die zusammen mit der restlichen Musik in Weilen bei den Hocheiten zum Tanz aufspielten. Mit dem Ersten Weltkrieg ging dann auch dieser Rest von Musikverein im Gewühle der Zeit unter, und es bestand keine Musikkapelle mehr.
Als der Gautag des Militärvereins hier gehalten wurde, wirkte die Musikkapelle Schörzingen mit. Auch bei anderen Festlichkeiten und bei Hochzeiten wurde der Musikverein Schörzingen zur Gestaltung und zum musikalischen Einsatz nach Weilen gebeten. Der Musikverein Schörzingen war damals die beste Musikkapelle in der ganzen Umgegend; er spielte bei den Wertungsspielen in der Kunststufe mit ersten Preisen mit. Auch viele Weilener Einwohner waren passive Mitglieder des Musikvereins Schörzingen. Ihr hervorragender Dirigent Bregenzer, welcher 1927 verstorben ist, konnte sich mit seiner Musikkapelle mit jeder Stadtmusik messen. Es war nach dem Ersten Weltkrieg von einigen Schörzinger Musikanten versucht worden, auch hier in Weilen wieder eine Musikkapelle auf die Beine zu bringen.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1949, hat der heutige Kreuzwirt Augustin Koch, der außergewöhnlich Musikbegabt ist, angefangen, mit einigen jungen Leuten auf Blasinstrumenten zu üben. Es machten zuerst folgende junge Männer mit: Augustin Koch, Dirigent und Trompete, Josef Koch, Trompete, Arnold Weinmann, Flügelhorn, Karl Rinderknecht, B-Horn, Jakob Haag, B-Horn, Gustav Koch, S-Bass, und Ulrich Koch, Klarinette. Am Weihnachtsfest des Jahres 1949 hörte die Gemeinde Weilen erstmals den neuen Musikverein in der Öffentlichkeit. Der Ankauf der Instrumente wurde durch mehrere Sammlungen ermöglicht. Die 1. Sammlung ergab den Betrag von108,90 DM und wurde zum Ankauf eines Flügelhorns verwendet. Die Weihnachtsfeier erbrachte einen Reingewinn von 166,50 DM. Zuvor wurden durch eine Holzstiftung noch 190 Mark zur Verfügung gestellt. Mit 5 Instrumenten und einem Privatinstrument spielte die Musikkapelle auch an der Fasnacht 1950, wobei ein weiterer Zuschuss von 128,50 DM zur Verfügung der Musik verblieb. Im Verlaufe des Jahres 1950 kamen durch Haussammlungen und Aufspielen zum Tanz bei Hochzeiten weitere finanziellen Mittel für die Musikkapelle zusammen.
Ein ganz besonders wichtiger Markstein in der Geschichte des Musikvereins war die Gründungsversammlung am 24. September 1950 im Gasthaus zum „Waldhorn“. Bei dieser Gründungsversammlung waren 24 Personen anwesend. In den Wahlen wurde zu Ausschußmitgliedern gewählt: Albert Seifriz, Alfred Seifriz, Paul Weinmann, Ignaz Koch, Wagner, Matth. Eckenweber, Karl Ordowski und Johann Burry. Nach der Wahl der Ausschussmitglieder wählten diese um Dirigenten den bisher unermüdlichen Augustin Koch, zum 1. Vorstand Albert Seifriz, zum 2. Vorstand Alfred Seifriz, zum 2. Dirigenten bzw. Stellvertreter Johann Burry, zum Schriftführer und Kassier Arnold Weinmann sowie zu Beisitzern: Paul Weinmann, Ignaz Koch, Matth. Eckenweber und Karl Ordowski.
Bei der Ausschusssitzung am 12 Februar 1951 im Rathaus wurde beschlossen, einen neuen B-Bass zu kaufen, da der vorhandene S-Bass nicht mehr ausreichte. Am Sonntag den 3. Februar 1952, wurde in der Generalversammlung, an der 44 Personen und der Bezirksvorsitzende der Musikvereine des Schwarzwaldgaues, Wilhelm Rebhan von Wellendingen, teilnahmen, beschlossen, eine Gründungsfeier zu veranstalten, die dann auf den 17. bis 19. Mai 1952 festgelegt wurde. Der Festausschuß und die Musiker hatten in den folgenden Wochen alle Hände voll zu tun, um die Gestaltung des Gründungsfestes würdig und festlich begehen zu können. Ende 1951 betrug die Zahl der aktiven Musiker 16; die Zahl der passiven Mitglieder betrug 52. Die Musikanten wurden durch Satzung verpflichtet, für ihre Instrumente zu sorgen und jeden Schaden, der durch eigenes Verschulden entsteht, selber zu bezahlen. Auch hatten die Musikanten inzwischen Uniformen angeschafft, die beim Auftreten ein besseres und einheitliches Bild ergaben. Auf dem Festplatz auf der Hinteren Wiese wurde ein großes Festzelt der Brauerei Mayer zum Pflug in Rottweil-Altstadt von den Zimmerleuten der Firma Beda Koch und den Musikanten aufgestellt sowie einige Schuppen zum Verkauf von Wurst und Brot und eine Verkaufshalle zum Verkauf von Wein und Schnaps. Letztere war ebenfalls überdacht und auf 3 Seiten mit Wänden geschlossen. Sie fasste 150 bis 200 Personen und war während des Festes meistens voll. Zur Ergänzung waren außerhalb der Weinbude noch Bänke und Tische für weinselige Zecher aufgestellt. Der Vergnügungspark wurde an die Firma Renz aus Winterlingen/Straßberg verpachtet. Wer meinte das Fest werde zu groß aufgezogen, wurde angenehm enttäuscht; denn schon beim Festbankett am Samstagabend war alles besetzt. Es nahmen die Stadtkapelle Schömberg sowie der Musikverein Schörzingen teil, der zugleich Patenverein war und dessen Dirigent Gallus Riedlinger längere Zeit zum Einüben der Musikstücke in Weilen aushalf. Unter den zahlreichen Festgästen befand sich auch Landrat Roemer aus Balingen. AM Sonntag, dem 18. Mai, weckte die Festkapelle frühmorgens um 5 Uhr. Das Dorf war mit Tannen- und Buchengrün sowie mit vielen Fahnen festlich geschmückt. Im Festgottesdienst spielte die junge Musikkapelle während des Gottesdienstes einige Choräle, darunter auch das Sanctus von Franz Schubert. Nach dem Gottesdienst wurde der Toten auf dem Friedhof gedacht. Ab 12 Uhr kam dann Leben in unser sonst so stilles Dorf. Die Gastvereine trafen nach und nach ein. Die Aufstellung des Festzuges erforderte eine Strecke von der Markungsggrenze Weilen-Schömberg, oben am Withau, bis zum Rathaus. Um 13.30 Uhr setzte sich der Festzug mit 20 Vereinen in Bewegung. Eine unübersehbare Menschenmenge säumte die Straßen. Ein wolkenloser Himmel mit strahlendem Sonnenschein verschönte das Fest. Nach Schätzungen von mehreren Personen soll die Zahl der Festbesucher annähernd 4 000 betragen haben. Der Festplatz und das Festzelt konnten die große Besucherzahl fast nicht fassen. Es entwickelte sich im Verlaufe des Nachmittags und Abends ein reges Leben mit Musik- und Gesangsdarbietungen verschiedener Vereine. Folgende Vereine waren erschienen: Musikverein Schörzingen, Stadtkapelle Schömberg, die Musikvereine von Frommern, Ratshausen,
Hausen a. T., Tieringen, Frittlingen, Wilflingen, Wellendingen, Deilingen und Roßwangen, die Gesangvereine von Roßwangen, Deilingen, Ratshausen, Zimmern u. d. B., Schömberg und Feckenhausen, der Handharmonikaverein Deilingen, der Radfahrerverein Schörzingen, der Sportverein Schörzingen und der Turnverein Schömberg. Als Festpräsident begrüßte Bürgermeister Koch die Vereine und sonstigen Herren. Am Montag war dann noch das Kinderfest. Es begann mit einem Festzug um 13.30 Uhr, an welchem sich unsere Einwohner beteiligten. Auch viele auswärtigen Teilnehmer hatten sich eingefunden. Hauptlehrer Dreher hatte mit den Kindern Reigen und Singsiele einstudiert, die im Verlaufe des Nachmittags auf dem Festplatz aufgeführt wurden. Am späten Nachmittag wurde die Feier durch einen Gewitterregen gestört. Zusammengefasst kann man sagen, daß das Gründungsfest am 17., 18. und 19. Mai 1952 ein Ereignis für Weilen war; voraussichtlich wird in den nächsten Jahren wohl kaum mehr ein so gelungenes Fest hier stattfinden.
Das Gründungsfest der jungen Musik gab dem Musikverein großen Auftrieb, wie die Entwicklung der folgenden Jahre klar zeigte. Die Zahl der aktiven und passiven Mitglieder stieg in den folgenden Jahren immer mehr. Beim Wertungsspiel in Rottweil 1953 und beim ersten Preisspiel in Frommern 1952 (Anfängerstufe) erhielt der Musikverein Weilen je einen ersten Preis mit der Note „sehr gut“ und einen Pokal. 1954 beteiligte sich der Musikverein beim Kreis-musikfest in Deilingen, wobei der Verein in der Unterstufe mit 94 Punkten im zweiten Rang abschnitt. Nach den Vereinsprotokollen hat der Musikverein bis 1968 insgesamt 9 Preise erhalten, meistens außer den Urkunden noch einen Pokal mit Diplom. Den größten und wertvollsten 1. Rang in der Mittelstufe erspielte die Musikkapelle beim 15. Kreismusikfest des Kreises Rottweil 1968 in Schörzingen. 1958 wurde bei der Generalversammlung beschlossen, für die ganze Musikkapelle neue Uniformen zu beschaffen, wozu die Gemeinde einen Zuschuss gab. Die hellgrauen Uniformen wurden am Fronleichnamsfest 1958 zum ersten mal getragen. Am Ärmel ist das Wappen der Gemeinde Weilen aufgenäht. Die Zahl der Musikanten ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Im Jahre 1965 betrug sie 21 und die Zahl der Passiven 47. Beim Preisspiel in Schörzingen spielten 32 Musikanten mit, davon 15 Jugendliche. Dirigent ist immer noch Augustin Koch. Die Jungmusiker wurden von Fachkräften aus Frommern geschult. Bei der letzten Generalversammlung wurde Kaufmann Arnold Weinmann zum 1. Vorstand gewählt. Die Musikproben werden meist im Rathaus abgehalten, hie und da auch im Saal des Gasthauses zum Kreuz. Weilen kann auf seine Musikkapelle stolz sein.
7.5 Gesang des Kirchenchores zum Lobe des Herrn
Die Aufgabe des Kirchenchores ist, den Gottesdienst in der Kirche mit ein- und mehrstimmigen Gesängen zu verschönern. In früheren Jahren befanden sich in den meisten Dorfkirchen keine Emporen und keine Orgel. Der Kirchenchor bestand aus einigen Männern, die im Chorgestühl bei den Gottesdiensten sangen. In Weilen hielt sich dieser Brauch bis zum Jahre 1837, als die Kirchengemeinde eine Orgel von der Pfarrei Erlaheim kaufte und mit der Aufstellung der Orgel eine Empore errichtete. Schullehrer Amand Unger musste das Orgelspiel erlernen. Es wurde ein Kirchenchor mit Sängerinnen und Sängern gegründet, der in den folgenden Jahren von den Lehrern geleitet wurde.
Die höchste Blüte erreichte der Weilener Kirchenchor unter Hauptlehrer Josef Lang von 1920 bis 1938; die Zahl der Sängerinnen und Sänger betrug damals 32, während sie heute noch 21 zählt. Der Weilener Kirchenchor war damals einer der besten in der ganzen Umgebung, was bei dem Kirchenchortreffen im Jahre 1934 von den Prüfern bezeugt wurde. Von 1939 bis 1968 war der Schreiber dieser Chronik Dirigent des Kirchenchores und Organist, nachdem er hie und da schon als Hilfsorganist tätig gewesen war. Auch noch 1947 bei einem Kirchenchortreffen in der Stadtpfarrkirche zu Schömberg war die Kritik des Preisgerichts sehr gut.
7.6 Der Spar- und Darlehenskassenverein in Weilen
Die Beschaffung von Darlehen für die Bevölkerung war in früheren
Zeiten sehr schwer, ja zum Teil fast unmöglich. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Aufnahme von Darlehen etwas leichter, was besonders auch für die Landbevölkerung von großem Nutzen war. Es waren nicht immer Bankinstitute, die Geld gegen hohe Zinsen an Privatpersonen abgaben, sondern es gab auch private Geldverleiher. Diese letzteren nützten oft die Not armer Gläubiger aus, indem sie ihnen immer wieder Geld zu Wucherzinsen und durch verschreiben von Grundstücken gaben. Wenn die armen Bäuerlein nicht bezahlen konnten, wurden Zwangsmaßnahmen eingeleitet und ihnen Haus und Hof versteigert. Diese Bauernfängerei ließ erst nach, als nach dem Vorbild und Beispiel von Raiffeisen die Darlehenskassen in Stadt und noch mehr auf dem Lande entstanden. Vom Verband „Landwirtschaftliche Kreditgenossenschaft“ in Württemberg war ein Statut bzw. ein Entwurf bezogen worden, welcher den Gemeinden als Grundlage zur Gründung eines Darlehenskassenvereins empfohlen wurde.
1898 wurde hier auf Initiative des Schultheißen Johann Georg Blepp und des Ortspfarrers Michael Bullinger eine Versammlung ins Gasthaus zum Mohren zwecks Gründung eines Darlehenskassenvereins einberufen. Der Statut wurde von 41 Anwesenden als bindend unterzeichnet. Es wurde beschlossen, den Geschäftsanteil auf 50 Mark mit einer jährlichen Einzahlung von mindestens einer Mark festzusetzen. Das Eintrittsgeld betrug 2 Mark und später 2,50 Mark. Bei den anschließenden Wahlen zum Vorstand und Aufsichtsrat wurden folgende Herren gewählt: als Vorsitzender Pfarrer Bullinger, als zweiter Vorstand Schultheiß Johann Georg Blepp, als Vorstandsmitglieder Kirchenpfleger Augustin Koch, Schuster und Gemeinderat Georg Dieringer sowie Kreuzwirt und Gemeinderat Josef Krachenfels. Zu Mitgliedern des Aufsichtsrates wurden gewählt: Schullehrer Andreas Hutt als Vorsitzender, als dessen Stellvertreter Gemeinderat Franz Xaver Krachenfels (Gregorifranz), Bauer Gustav Koch, Schneider und Gemeinderat Josef Weinmann, Waldhornwirt Josef Weinmann, Schreiner Sebastian Seifriz sowie Maurer Markus Burry.
Zum Rechner wurde Bauer Rupert Blepp gewählt. Er versah diesen
Posten bis 1938, also 40 Jahre lang. Von 1938 bis 1953 waren der Gipser
und Landwirt Franz Burry und von 1953 bis 1964 der Kreuzwirt und Landwirt Augustin Koch Rechner.1964 wurde die Spar- und Darlehenskasse Weilen zusammen mit Ratshausen in den Verband der Genossenschaft Schömberg aufgenommen, da sich hier kein Rechner fand. Ein weiterer Grund lag darin, daß die hohen Verwaltungskosten mit den Beiträgen an die Buchungsstelle Rottweil und der niedrige Umsatz fast keinen Reingewinn einbrachten.
In den Jahren 1957 bis 1959 erbaute die Spar- und Darlehenskasse einen Lagerschuppen hinter der Dreschhalle, in dem heute Kunstdünger, Futtermittel und anderes gelagert werden.
Als Vorsitzender des Vorstandes wirkten von der Gründung 1898 bis zu seinem Wegzug 1901 Pfarrer Bullinger, von 1904 bis 1915 Pfarrer Stehle, von 1951 bis 1931 Kaufmann Wilhelm Weinmann und bis 1937 der spätere Schultheiß Johann Weinmann. Während der Amtstätigkeit des letzteren wurde infolge der schlechten Zeiten (Wirtschaftskrise von 1930 bis 1934) die Darlehenskasse hart bedrängt von den Gläubigern. Viele Leute, besonders die Landwirte, konnten den Zinsen und sonstigen Forderungen der Kasse nicht nachkommen. Leute, die bei der Sparda ihre Gelder angelegt hatten, wollten sie zurückhaben. Bei der Revision durch den Prüfer Heuschmid wurde der Antrag gestellt, den Schuldnern ihre Felder wegzunehmen und sie denjenigen zuzuteilen, die Gelder bei der Sparda angelegt hatten. Es kam infolge dieses Antrages zu heftigen und lautstarken Auseinandersetzungen. Revisor Heuschmid warf den Betroffenen vor, daß ihre Einstellung nicht dem Genossenschaftsgesetz entspreche und daß es unter Umständen zu einem gerichtlichen Verfahren komme. Er hat dann veranlasst, daß die Sparda Weilen einen Kredit von der Zentralkasse erhielt, mit dem ungeduldige Gläubiger befriedigt werden konnten. Allmählich beruhigten sich die Gemüter, und es konnten von den Schuldnern wieder Zahlungen geleistet werden. Schultheiß Johann Weinmann hat als Vorstand viel für die Sparda Weilen getan. Als sein Nachfolger wurde 1937 Josef Koch gewählt. Dieser Hat das Amt nur 10 Jahre, bis zum Jahr 1947, versehen. Er wurde 1942 zum Bürgermeister bestimmt und hat die Vorstandschaft bei der Sparda freiwillig wegen Überlastung zurückgegeben. Als nächster Vorstand wurde Johannes Stauß, Gipser und Landwirt, von der Generalversammlung gewählt. Der jetzige Vorstand ist Max Stauß, Gipser und Landwirt in Weilen.
Als Rechner der Genoba Schömberg, zu der auch Weilen, Ratshausen und seit einiger Zeit ach Zimmern u. d. B. zählen, ist seit Jahren Emil Riedlinger. Er kommt wöchentlich 2mal nach Weilen, und zwar am Montagabend ab 20 Uhr und am Freitag von 11 bis 12 Uhr. Wer in der Zwischenzeit Geldgeschäfte abwickeln möchte, kann sie in Schömberg direkt am Schalter erledigen. Möge die Genossenschaft weiterhin zum Nutzen ihrer Mitglieder wirken können!